Digital Markets Act (DMA): Unterschied zwischen den Versionen

Aus RI Wiki
Zur Navigation springenZur Suche springen
Zeile 95: Zeile 95:
'''<big>Pflichtenkatalog</big>'''
'''<big>Pflichtenkatalog</big>'''


In den folgenden Abschnitten werden die im Kapitel 3 des DMA festgelegten Pflichten der Gatekeeper, aus denen regelmäßig auch Rechte für Endnutzer hervorgehen, nach thematischen Schwerpunkten gegliedert. Das Kapitel umfasst die Art 5-15, wobei die relevantesten Bestimmungen in den Art 5-7 zu finden sind.
In den folgenden Abschnitten werden die in Kapitel 3 des DMA festgelegten Pflichten der Gatekeeper, aus denen regelmäßig auch Rechte für Endnutzer hervorgehen, nach thematischen Schwerpunkten gegliedert. Das Kapitel umfasst die Art 5-15, wobei die relevantesten Bestimmungen in den Art 5-7 zu finden sind.


=== Schutz personenbezogener Daten ===
=== Schutz personenbezogener Daten ===
Der DMA knüpft in seiner Definition von personenbezogenen Daten an dem Begriffsverständnis der DSGVO an (Art 2 Z 25 DMA), wonach personenbezogene Daten alle Informationen umfassen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (Vgl die genaue Definition in: Art 4 Z 1 DSGVO). Ohne die ausdrückliche Einwilligung des Endnutzers ist dem Gatekeeper die Zusammenführung personenbezogener Daten zwischen seinen Diensten und Drittanbietern wie folgt untersagt (Art 5 Abs 2):
Der DMA knüpft in seiner Definition von personenbezogenen Daten an dem Begriffsverständnis der DSGVO an (Art 2 Z 25 DMA), wonach personenbezogene Daten alle Informationen umfassen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (Vgl die genaue Definition in Art 4 Z 1 DSGVO). Ohne die ausdrückliche Einwilligung des Endnutzers ist dem Gatekeeper die Zusammenführung personenbezogener Daten zwischen seinen Diensten und Drittanbietern wie folgt untersagt (Art 5 Abs 2 DMA):


* Gatekeeper dürfen personenbezogene Daten von Endnutzern, die einen Drittdienst nutzen, welcher auf zentrale Plattformdienste des Gatekeepers zugreift oder damit interagiert, nicht für Online-Werbung verwenden.
* Gatekeeper dürfen personenbezogene Daten von Endnutzern, die einen Drittdienst nutzen, welcher auf zentrale Plattformdienste des Gatekeepers zugreift oder damit interagiert, nicht für Online-Werbung verwenden.
Zeile 107: Zeile 107:
Der DMA enthält zahlreiche Bestimmungen, die Gatekeepern wettbewerbsverzerrende Praktiken untersagen oder sie verpflichten, Informationen offenzulegen, um einen transparenten und fairen digitalen Markt zu fördern:
Der DMA enthält zahlreiche Bestimmungen, die Gatekeepern wettbewerbsverzerrende Praktiken untersagen oder sie verpflichten, Informationen offenzulegen, um einen transparenten und fairen digitalen Markt zu fördern:


* Gewerbliche Nutzer sind frei, über welche und wie viele Kanäle sie ihren Endnutzern ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten, auch zu anderen Preisen oder Bedingungen als jenen beim Gatekeeper (Art 5 Abs 3). Damit wird sogenannten '''Meistbegünstigungsklauseln''' Einhalt geboten, die Geschäftsnutzer dazu zwingen, auf dem ZPD immer die besten Konditionen anzubieten. Diese Klauseln hindern die gewerblichen Nutzer daran, ihre Produkte oder Dienstleistungen auf anderen Kanälen (z. B. eigenen Websites oder konkurrierenden Plattformen) zu günstigeren Bedingungen zu verkaufen. Ergänzend dazu dürfen Geschäftsnutzer Endnutzer, die sie über die Plattform des Gatekeepers akquiriert haben, auch auf andere Plattformen und Angebote hinweisen und auf der Gatekeeper-Plattform kostenlos für diese Alternativen werben (Art 5 Abs 4: '''Kommunikation zu Endnutzern''').
* Gewerbliche Nutzer sind frei, über welche und wie viele Kanäle sie ihren Endnutzern ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten, auch zu anderen Preisen oder Bedingungen als jenen beim Gatekeeper (Art 5 Abs 3 DMA). Damit wird sogenannten '''Meistbegünstigungsklauseln''' Einhalt geboten, die Geschäftsnutzer dazu zwingen, auf dem ZPD immer die besten Konditionen anzubieten. Diese Klauseln hindern die gewerblichen Nutzer daran, ihre Produkte oder Dienstleistungen auf anderen Kanälen (zB eigenen Websites oder konkurrierenden Plattformen) zu günstigeren Bedingungen zu verkaufen. Ergänzend dazu dürfen Geschäftsnutzer Endnutzer, die sie über die Plattform des Gatekeepers akquiriert haben, auch auf andere Plattformen und Angebote hinweisen und auf der Gatekeeper-Plattform kostenlos für diese Alternativen werben (Art 5 Abs 4 DMA: '''Kommunikation zu Endnutzern''').
* Zusätzlich zu diesen Vorgaben verbietet der DMA Gatekeepern die '''Nutzung von Daten im Wettbewerb''' (Art 6 Abs 2), um die Nutzung von Plattform-Daten ihrer Geschäftsnutzer nicht zu ihren eigenen wettbewerblichen Vorteilen zu missbrauchen.  
* Zusätzlich zu diesen Vorgaben verbietet der DMA Gatekeepern die '''Nutzung von Daten im Wettbewerb''' (Art 6 Abs 2), um die Nutzung von Plattform-Daten ihrer Geschäftsnutzer nicht zu ihren eigenen wettbewerblichen Vorteilen zu missbrauchen.  
* Ein weiteres wichtiges Verbot betrifft das sogenannte '''„Self-preferencing'''“ (Art 6 Abs 5): Produkte und Dienstleistungen von Dritten dürfen im Ranking, bei der Indexierung und der Auffindbarkeit auf der Plattform nicht schlechter platziert werden als die Angebote des Gatekeepers. Das Ranking muss für die Nutzer transparent, fair und diskriminierungsfrei erfolgen.  
* Ein weiteres wichtiges Verbot betrifft das sogenannte '''„Self-preferencing'''“ (Art 6 Abs 5 DMA): Produkte und Dienstleistungen von Dritten dürfen im Ranking, bei der Indexierung und der Auffindbarkeit auf der Plattform nicht schlechter platziert werden als die Angebote des Gatekeepers. Das Ranking muss für die Nutzer transparent, fair und diskriminierungsfrei erfolgen.
* Der DMA verpflichtet Gatekeeper, '''Informationen zu Werbepreisen''' sowohl für Anzeigenkunden als auch für Herausgeber transparent offenzulegen (Art 5 Abs 9 und 10). Zusätzlich werden im DMA umfassende Offenlegungspflichten für Werbeanzeigen auf zentralen Plattformdiensten (ZPD) geregelt (Art 6 Abs 8). Werbetreibende und Publisher erhalten unentgeltlich detaillierte '''Informationen über die Wirksamkeit ihrer Werbeanzeigen''' und Zugang zu Tools zur Leistungsmessung, um eine transparente Analyse sicherzustellen. Darüber hinaus erhalten gewerbliche Nutzer laut Art 6 Abs 10 kostenlosen '''Echtzeitzugang zu aggregierten und nicht aggregierten Nutzungsdaten''' des ZPD, um fundierte Geschäftsentscheidungen treffen zu können.
* Der DMA verpflichtet Gatekeeper, '''Informationen zu Werbepreisen''' sowohl für Anzeigenkunden als auch für Herausgeber transparent offenzulegen (Art 5 Abs 9 und 10 DMA). Zusätzlich werden im DMA umfassende Offenlegungspflichten für Werbeanzeigen auf zentralen Plattformdiensten (ZPD) geregelt (Art 6 Abs 8 DMA). Werbetreibende und Publisher erhalten unentgeltlich detaillierte '''Informationen über die Wirksamkeit ihrer Werbeanzeigen''' und Zugang zu Tools zur Leistungsmessung, um eine transparente Analyse sicherzustellen. Darüber hinaus erhalten gewerbliche Nutzer laut Art 6 Abs 10 DMA kostenlosen '''Echtzeitzugang zu aggregierten und nicht aggregierten Nutzungsdaten''' des ZPD, um fundierte Geschäftsentscheidungen treffen zu können.
* Der Gatekeeper muss Drittunternehmen, die Suchmaschinen betreiben, fairen und diskriminierungsfreien '''Zugang zu Suchmaschinendaten''' gewähren, wobei personenbezogene Daten anonymisiert werden (Art 6 Abs 11).  
* Der Gatekeeper muss Drittunternehmen, die Suchmaschinen betreiben, fairen und diskriminierungsfreien '''Zugang zu Suchmaschinendaten''' gewähren, wobei personenbezogene Daten anonymisiert werden (Art 6 Abs 11 DMA).
* Zudem müssen gewerbliche Nutzer zu Plattformdiensten wie App-Stores oder sozialen Netzwerken '''faire und transparente Zugangsbedingungen''' erhalten, die öffentlich einsehbar sind (Art 6 Abs 12). Die '''Kündigung eines zentralen Plattformdienstes''' muss für gewerbliche Nutzer unter fairen und verhältnismäßigen Bedingungen möglich sein, ohne unnötige Hürden (Art 6 Abs 13).
* Zudem müssen gewerbliche Nutzer zu Plattformdiensten wie App-Stores oder sozialen Netzwerken '''faire und transparente Zugangsbedingungen''' erhalten, die öffentlich einsehbar sind (Art 6 Abs 12 DMA). Die '''Kündigung eines zentralen Plattformdienstes''' muss für gewerbliche Nutzer unter fairen und verhältnismäßigen Bedingungen möglich sein, ohne unnötige Hürden (Art 6 Abs 13 DMA).


=== Schutz der Endnutzer ===
=== Schutz der Endnutzer ===
* Artikel 5 Abs 5 ermöglicht Endnutzern den '''Zugriff auf digitale Inhalte''' wie Videos, Musik oder Abonnements über die zentrale Plattform, selbst wenn diese Inhalte außerhalb der Plattform erworben wurden.  
* Artikel 5 Abs 5 DMA ermöglicht Endnutzern den '''Zugriff auf digitale Inhalte''' wie Videos, Musik oder Abonnements über die zentrale Plattform, selbst wenn diese Inhalte außerhalb der Plattform erworben wurden.  
* Gatekeeper dürfen '''Rechtsbehelfe der Nutzer nicht einschränken''', sodass diese weiterhin ihre rechtlichen Ansprüche geltend machen können (Art 5 Abs 6, gilt auch für gewerbliche Nutzer).
* Gatekeeper dürfen '''Rechtsbehelfe der Nutzer nicht einschränken''', sodass diese weiterhin ihre rechtlichen Ansprüche geltend machen können (Art 5 Abs 6, gilt auch für gewerbliche Nutzer).
* Zudem gilt ein '''Koppelungsverbot''', das es Gatekeepern untersagt, den Zugang zu einem Dienst an die Nutzung eines anderen Dienstes – wie Identifizierungsdienste, Webbrowser-Engines oder Zahlungsdienste – zu binden (Art 5 Abs 7, gilt auch für gewerbliche Nutzer). Darüber hinaus dürfen Gatekeeper keine '''Registrierungspflicht''' für andere Dienste auferlegen, um Zugang zu ihren Plattformen zu erhalten (Art 5 Abs 8, gilt auch für gewerbliche Nutzer).
* Zudem gilt ein '''Koppelungsverbot''', das es Gatekeepern untersagt, den Zugang zu einem Dienst an die Nutzung eines anderen Dienstes – wie Identifizierungsdienste, Webbrowser-Engines oder Zahlungsdienste – zu binden (Art 5 Abs 7, gilt auch für gewerbliche Nutzer). Darüber hinaus dürfen Gatekeeper keine '''Registrierungspflicht''' für andere Dienste auferlegen, um Zugang zu ihren Plattformen zu erhalten (Art 5 Abs 8, gilt auch für gewerbliche Nutzer).

Version vom 28. Januar 2025, 10:00 Uhr

Flagge der Europäischen Union

Verordnung (EU) 2022/1925

Titel: Verordnung (EU) 2022/1925 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2022 über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor und zur Änderung der Richtlinien (EU) 2019/1937 und (EU) 2020/1828
Kurztitel: Gesetz über digitale Märkte/Digital Markets Act
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
DMA
Geltungsbereich: EWR
Rechtsmaterie: Binnenmarkt, Wettbewerb
Grundlage: AEUV, insbesondere Art. 114
Anzuwenden ab: 2. Mai 2023 (mit Ausnahmen)
Fundstelle: ABl L 2022/265, 1
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung ist in Kraft getreten und anwendbar.
Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union

Kurzübersicht

Ziele Anwendungsbereich Inhalt Synergien Konsequenzen
Sicherstellung fairer und offener digitaler Märkte Von EU Kommission benannte Gatekeeper-Unternehmen mit einem signifikanten Einfluss auf den Binnenmarkt (richtet sich nach Umsatz, Nutzerzahl und Marktposition), die einen zentralen Plattformdienst anbieten Einführung einer Ex-ante-Regulierung: Gatekeeper müssen bestimmte Verhaltensweisen unterlassen und proaktive Maßnahmen umsetzen Direkte Verknüpfung mit dem Digital Services Act (DSA), da beide Regelwerke gemeinsam das Paket zum Gesetz über digitale Dienste der Europäischen Kommission bilden Sanktionen bei Nichteinhaltung werden direkt von der Europäischen Kommission verhängt, Nationale Behörden können bei der Durchsetzung dieser eine Rolle spielen
Förderung von Wettbewerb und Innovation Zentrale Plattformdienste, die Nutzern mit Niederlassung in der Europäischen Union angeboten werden ("Marktortprinzip"): Vermittlungsdienste, Betriebssysteme, soziale Netzwerke, Webbrowser, Suchmaschinen, Kommunikationsdienste, Werbedienste, Video-Sharing Plattformen Verpflichtungen für Gatekeeper, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten, zB Verbot der Selbstbevorzugung ihrer eigenen Produkte und Dienste. Querbezüge zur DSGVO, sobald personenbezogene Daten verarbeitet werden Geldbußen von bis zu 10% des weltweiten Jahresumsatzes des betreffenden Gatekeepers im vorangegangenen Geschäftsjahr für Verstöße gegen die Verpflichtungen des DMA
Schutz von Unternehmen und Verbrauchern vor unfairen Praktiken Kriterien für Gatekeeper:
  • erheblicher Einfluss auf den Binnenmarkt
  • zentraler Plattformdienst dient gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern
  • gefestigte und dauerhafte Marktposition
Regeln für Zugang zu Plattformen, Datenzugang, Interoperabilität und Transparenz Ergänzung (keine Verdrängung) von bestehenden nationalen oder europäischen Wettbewerbsvorschriften Geldbußen von bis zu 20% des weltweiten Jahresumsatzes bei wiederholten Verstößen gegen dieselbe Verpflichtung bzw betreffend denselben Plattformdienst
Verwirklichung des Binnenmarktes Bei Erreichung gewisser quantitativer Kriterien muss das Unternehmen von der Kommisison als Gatekeeper eingestuft werden Verpflichtungen zum Schutz der Endnutzer und gewerblichen Nutzer Die von den Gatekeepern ergriffenen Maßnahmen müssen mit den relevanten Vorschriften, insbesondere in den Bereichen Cybersicherheit, Verbraucherschutz, Produktsicherheit und Barrierefreiheit, im Einklang stehen. Zwangsgelder: bis zu 5% des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes, falls ein Unternehmen bestimmten Beschlüssen nicht nachkommt
Rechtssicherheit Vollumfängliche Anwendbarkeit seit dem 2. Mai 2023 Zusätzlicher Schutz von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit zentralen Plattformdiensten Grundrechtsbezüge, insbesondere das Recht auf Datenschutz und Nichtdiskiminierung Bei systematischen Verstößen können sogar strukturelle Maßnahmen ergriffen werden, die eine Anpassung oder Veränderung der Unternehmensstruktur umfassen

Einleitung

Paket zum Gesetz über digitale Dienste der Europäischen Kommission -Research Institute CC BY 4.0

Der Digital Markets Act (DMA) legt einheitliche Regeln für große Online-Plattformen fest, um ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten und faire Wettbewerbsbedingungen im digitalen Sektor sicherzustellen. Ziel des DMA ist es, die Marktmacht sogenannter „Gatekeeper" („Torwächter“) zu regulieren, die aufgrund ihrer Größe und ihres Einflusses eine zentrale Rolle im digitalen Raum spielen. Dadurch soll ein innovationsfreundliches Umfeld geschaffen werden, das den Wettbewerb stärkt und den Zugang für kleinere Unternehmen erleichtert. Der DMA zielt auch darauf ab, den Verbraucherschutz zu verbessern und das Potenzial des digitalen Binnenmarktes voll auszuschöpfen. Der DMA normiert spezifische Verpflichtungen für Gatekeeper, um wettbewerbsverzerrende Praktiken zu verhindern, wie die Bevorzugung eigener Produkte oder die Einschränkung des Zugangs zu wichtigen Plattformdiensten. Zusammen mit dem Digital Services Act (DSA) bildet der DMA das Paket zum Gesetz über digitale Dienste der Europäischen Kommission und damit ein umfassendes Regelwerk, das die digitale Wirtschaft in der EU fair, offen und innovationsfördernd gestalten soll.

Der DMA besteht aus 54 Artikeln und ist wie folgt strukturiert:

  • Kapitel 1 und 2 enthalten Bestimmungen zum Anwendungsbereich, zu den Kriterien für Gatekeeper und zu wesentlichen Definitionen (Art 1-4).
  • Kapitel 3 legt die Pflichten der Gatekeeper fest, darunter das Verbot bestimmter Praktiken und Anforderungen an Interoperabilität und fairen Zugang (Art 5-15, wobei die wichtigsten Bestimmungen in den Art 5-7 zu finden sind).
  • Kapitel 4 und 5 behandeln die Durchsetzung, einschließlich Sanktionen, Marktuntersuchungen durch die EU-Kommission und die Zusammenarbeit mit nationalen Behörden (Art 16-43).
  • Kapitel 6 regelt die Veröffentlichung von Beschlüssen, die richterliche Überprüfung von Sanktionen sowie das Inkrafttreten der Verordnung (Art 44-54).

Anwendungsbereich

Räumlich

Der DMA gilt für alle Anbieter von zentralen Plattformdiensten (ZPD), die in der EU tätig sind, also ihre Leistungen für Nutzer in der EU anbieten. Es spielt keine Rolle, ob der Anbieter seinen Sitz innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union hat (Art 1 Abs 2 DMA), womit der DMA dem sogenannten Marktortprinzip folgt.

Sachlich

Sachlich ist der DMA auf zentrale Plattformdienste (ZPD) anwendbar, die von „Gatekeeper" („Torwächter“) Unternehmen bereitgestellt werden. Der Begriff „Gatekeeper“ bezieht sich auf große digitale Plattformen, die eine zentrale Rolle auf den digitalen Märkten spielen und durch ihre Marktstellung einen erheblichen Einfluss auf andere Marktteilnehmer haben.

Die EU-Kommission hat die Kompetenz Unternehmen als Gatekeeper zu benennen, wenn alle der drei folgenden Kriterien erfüllt sind (Art 3 Abs 1 DMA):

  • Das Unternehmen hat einen erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt,
  • es stellt einen zentralen Plattformdienst bereit, der gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern dient,
  • und es hat hinsichtlich seiner Tätigkeiten eine gefestigte und dauerhafte Position inne (bzw es ist absehbar, dass es eine solche Position in naher Zukunft erlangen wird).
Torwächter oder "Gatekeeper" nach dem DMA © Europäische Kommission[1]

Es wird davon ausgegangen, dass ein Unternehmen diese jeweiligen Anforderungen erfüllt, wenn es – je nach Anforderung – bestimmte Umsatzgrenzen überschreitet und eine gewisse Nutzerzahl aufweist (Siehe dazu die Voraussetzungen in Art 3 Abs 2 lit a-c DMA). Um als Gatekeeper eingestuft zu werden, müssen somit sowohl qualitative (Art 3 Abs 1 lit a-c DMA) als auch quantitative (Art 3 Abs 2 lit a-c DMA) Kriterien erfüllt sein.

Die Unternehmen Alphabet, Amazon, Apple, Booking, ByteDance, Meta und Microsoft wurden von der EU-Kommission bereits als Gatekeeper eingestuft. Folgende ZPD dieser Unternehmen unterliegen der Regulierung (Eine Definition und Auflistung der als zentrale Plattformdienste geltenden Dienste findet sich in Art 2 Z 2 iVm Art 2 Z 3-13 DMA):[2]

  • Vermittlungsdienste (Amazon Marketplace, Google Maps, Google Play, Google Shopping, iOS App Store, Meta Marketplace, Booking)
  • Soziale Netzwerke (Facebook, Instagram, LinkedIn, TikTok)
  • Werbeservices (Amazon Advertising, Google Ads und Meta Ads)
  • Betriebssysteme (Google Android, iOS, Windows-PC-OS)
  • Webbrowser (Chrome und Safari)
  • Kommunikationsservices (Facebook Messenger und WhatsApp, beide im Besitz von Meta)
  • Video-Sharing-Plattformen (YouTube)
  • Suchmaschinen (Google)

Zeitlich

Der DMA ist am 1. November 2022 in Kraft getreten und seine Bestimmungen sind seit dem 2. Mai 2023 vollumfänglich anwendbar (Art 54 DMA). Da es sich beim DMA um eine EU-Verordnung handelt, müssen die einzelnen Bestimmungen nicht in nationales Recht umgesetzt werden (im Unterschied zu EU-Richtlinien), sondern gelten unmittelbar.

Zentrale Inhalte

Der DMA konzentriert sich auf die Sicherstellung fairer und offener digitaler Märkte, indem er gezielte Verpflichtungen für sogenannte Gatekeeper, also große Online-Plattformen mit erheblichem Markteinfluss, festlegt. Er normiert klare Regeln zur Verhinderung unlauterer Praktiken, die den Wettbewerb behindern könnten, wie etwa die Selbstbevorzugung eigener Produkte oder die Einschränkung der Interoperabilität. Der DMA ist somit eine „ex ante Regulierung“, die bereits vorab bestimmte Verpflichtungen für Anbieter zentraler Plattformdienste festlegt und seine Anwendbarkeit an eine Benennung als Gatekeeper durch die EU-Kommission knüpft.[3]

Zu den Kernpflichten des DMA gehören das Verbot diskriminierender Geschäftsmodelle, die Verpflichtung zur Sicherstellung eines fairen Zugangs zu Plattformen und der Schutz der Interessen von Geschäftsnutzern und Verbrauchern. Der DMA sieht darüber hinaus umfassende Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismen vor, inklusive der Möglichkeit, empfindliche Sanktionen bei Verstößen zu verhängen. Abschließend regelt der DMA die länderübergreifende Zusammenarbeit der nationalen Behörden unter der Leitung der EU-Kommission zur Sicherstellung einer einheitlichen Umsetzung und Durchsetzung der Verordnung.

Pflichtenkatalog

In den folgenden Abschnitten werden die in Kapitel 3 des DMA festgelegten Pflichten der Gatekeeper, aus denen regelmäßig auch Rechte für Endnutzer hervorgehen, nach thematischen Schwerpunkten gegliedert. Das Kapitel umfasst die Art 5-15, wobei die relevantesten Bestimmungen in den Art 5-7 zu finden sind.

Schutz personenbezogener Daten

Der DMA knüpft in seiner Definition von personenbezogenen Daten an dem Begriffsverständnis der DSGVO an (Art 2 Z 25 DMA), wonach personenbezogene Daten alle Informationen umfassen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (Vgl die genaue Definition in Art 4 Z 1 DSGVO). Ohne die ausdrückliche Einwilligung des Endnutzers ist dem Gatekeeper die Zusammenführung personenbezogener Daten zwischen seinen Diensten und Drittanbietern wie folgt untersagt (Art 5 Abs 2 DMA):

  • Gatekeeper dürfen personenbezogene Daten von Endnutzern, die einen Drittdienst nutzen, welcher auf zentrale Plattformdienste des Gatekeepers zugreift oder damit interagiert, nicht für Online-Werbung verwenden.
  • Es ist ihnen zudem untersagt, personenbezogene Daten aus einem zentralen Plattformdienst mit Daten aus anderen Plattformdiensten oder von Dritten zu verknüpfen.
  • Eine Weiterverwendung personenbezogener Daten zwischen verschiedenen Diensten des Gatekeepers sowie die automatische Anmeldung von Endnutzern bei anderen Diensten zur Datenverknüpfung ist ebenfalls verboten.

Wettbewerbsschutz und Transparenz

Der DMA enthält zahlreiche Bestimmungen, die Gatekeepern wettbewerbsverzerrende Praktiken untersagen oder sie verpflichten, Informationen offenzulegen, um einen transparenten und fairen digitalen Markt zu fördern:

  • Gewerbliche Nutzer sind frei, über welche und wie viele Kanäle sie ihren Endnutzern ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten, auch zu anderen Preisen oder Bedingungen als jenen beim Gatekeeper (Art 5 Abs 3 DMA). Damit wird sogenannten Meistbegünstigungsklauseln Einhalt geboten, die Geschäftsnutzer dazu zwingen, auf dem ZPD immer die besten Konditionen anzubieten. Diese Klauseln hindern die gewerblichen Nutzer daran, ihre Produkte oder Dienstleistungen auf anderen Kanälen (zB eigenen Websites oder konkurrierenden Plattformen) zu günstigeren Bedingungen zu verkaufen. Ergänzend dazu dürfen Geschäftsnutzer Endnutzer, die sie über die Plattform des Gatekeepers akquiriert haben, auch auf andere Plattformen und Angebote hinweisen und auf der Gatekeeper-Plattform kostenlos für diese Alternativen werben (Art 5 Abs 4 DMA: Kommunikation zu Endnutzern).
  • Zusätzlich zu diesen Vorgaben verbietet der DMA Gatekeepern die Nutzung von Daten im Wettbewerb (Art 6 Abs 2), um die Nutzung von Plattform-Daten ihrer Geschäftsnutzer nicht zu ihren eigenen wettbewerblichen Vorteilen zu missbrauchen.
  • Ein weiteres wichtiges Verbot betrifft das sogenannte „Self-preferencing“ (Art 6 Abs 5 DMA): Produkte und Dienstleistungen von Dritten dürfen im Ranking, bei der Indexierung und der Auffindbarkeit auf der Plattform nicht schlechter platziert werden als die Angebote des Gatekeepers. Das Ranking muss für die Nutzer transparent, fair und diskriminierungsfrei erfolgen.
  • Der DMA verpflichtet Gatekeeper, Informationen zu Werbepreisen sowohl für Anzeigenkunden als auch für Herausgeber transparent offenzulegen (Art 5 Abs 9 und 10 DMA). Zusätzlich werden im DMA umfassende Offenlegungspflichten für Werbeanzeigen auf zentralen Plattformdiensten (ZPD) geregelt (Art 6 Abs 8 DMA). Werbetreibende und Publisher erhalten unentgeltlich detaillierte Informationen über die Wirksamkeit ihrer Werbeanzeigen und Zugang zu Tools zur Leistungsmessung, um eine transparente Analyse sicherzustellen. Darüber hinaus erhalten gewerbliche Nutzer laut Art 6 Abs 10 DMA kostenlosen Echtzeitzugang zu aggregierten und nicht aggregierten Nutzungsdaten des ZPD, um fundierte Geschäftsentscheidungen treffen zu können.
  • Der Gatekeeper muss Drittunternehmen, die Suchmaschinen betreiben, fairen und diskriminierungsfreien Zugang zu Suchmaschinendaten gewähren, wobei personenbezogene Daten anonymisiert werden (Art 6 Abs 11 DMA).
  • Zudem müssen gewerbliche Nutzer zu Plattformdiensten wie App-Stores oder sozialen Netzwerken faire und transparente Zugangsbedingungen erhalten, die öffentlich einsehbar sind (Art 6 Abs 12 DMA). Die Kündigung eines zentralen Plattformdienstes muss für gewerbliche Nutzer unter fairen und verhältnismäßigen Bedingungen möglich sein, ohne unnötige Hürden (Art 6 Abs 13 DMA).

Schutz der Endnutzer

  • Artikel 5 Abs 5 DMA ermöglicht Endnutzern den Zugriff auf digitale Inhalte wie Videos, Musik oder Abonnements über die zentrale Plattform, selbst wenn diese Inhalte außerhalb der Plattform erworben wurden.
  • Gatekeeper dürfen Rechtsbehelfe der Nutzer nicht einschränken, sodass diese weiterhin ihre rechtlichen Ansprüche geltend machen können (Art 5 Abs 6, gilt auch für gewerbliche Nutzer).
  • Zudem gilt ein Koppelungsverbot, das es Gatekeepern untersagt, den Zugang zu einem Dienst an die Nutzung eines anderen Dienstes – wie Identifizierungsdienste, Webbrowser-Engines oder Zahlungsdienste – zu binden (Art 5 Abs 7, gilt auch für gewerbliche Nutzer). Darüber hinaus dürfen Gatekeeper keine Registrierungspflicht für andere Dienste auferlegen, um Zugang zu ihren Plattformen zu erhalten (Art 5 Abs 8, gilt auch für gewerbliche Nutzer).
  • Gatekeeper müssen zudem sicherstellen, dass Endnutzer die Möglichkeit haben, vorinstallierte Software zu deinstallieren und ihre Standard-Einstellungen zu ändern (Art 6 Abs 3).
  • Nutzern muss es auch gestattet sein, Apps aus externen Quellen zu installieren (Art 6 Abs 4), ohne durch den Gatekeeper eingeschränkt zu werden.
  • Schließlich darf die Wechselmöglichkeit zu konkurrierenden Diensten nicht behindert oder eingeschränkt werden (Art 6 Abs 6).

Interoperabilität

Ein weiteres Ziel des DMA ist es, Interoperabilität zu gewährleisten, also die Fähigkeit zum Zusammenspiel verschiedener Systeme. Dies soll verhindern, dass Nutzer eines ZPD aufgrund der marktbeherrschenden Stellung des Anbieters gezwungen sind, dort zu bleiben, weil ein Wechsel zu einem konkurrierenden Produkt mit zu großen Hürden verbunden wäre:

  • Der Gatekeeper öffnet seine Plattform für Diensteanbieter und Hardware-Anbieter, indem kostenlos wirksame Interoperabilität gewährleistet wird (Art 6 Abs 7).
  • Gatekeeper müssen Endnutzern und von ihnen beauftragten Dritten auf Anfrage kostenlos die Übertragung von Nutzerdaten ermöglichen, die im Zusammenhang mit der Nutzung der Plattform entstanden sind. Dies schließt auch kostenlose Werkzeuge zur einfachen Datenübertragung und einen Echtzeitzugang zu diesen Daten ein (Art 6 Abs 9).

Besonders für die Interoperabilität von sogenannten nummernunabhängigen interpersonellen Kommunikationsdiensten (im üblichen Sprachgebrauch: Messengerdienste) wie z.B. Facebook Messenger und WhatsApp legt Art 7 zahlreiche Verpflichtungen fest, auf die hier aber nicht näher eingegangen wird.

Marktuntersuchung

Die Europäische Kommission ist gemäß Art 16 befugt, umfassende Untersuchungen durchzuführen, um gegebenenfalls Durchführungsrechtsakte gegenüber Gatekeepern zu erlassen. Die im DMA festgelegten Zwecke dieser Untersuchungen umfassen:

Die Benennung von Gatekeepern (Art 17):

Die EU Kommission prüft, ob ein Unternehmen nach Art 3 Abs 8 als Gatekeeper einzustufen ist, oder ermittelt die einschlägigen zentralen Plattformdienste, die nach Art 3 Abs 9 im Beschluss enthalten sein müssen. In dem Artikel ist eine nicht bindende Frist von 12 Monaten vorgesehen, die lediglich als Richtlinie dient. Die Untersuchung wird mit einem Durchführungsrechtsakt abgeschlossen, in dem die Entscheidung der Kommission dargelegt wird.

Die Feststellung systematischer Verstöße eines Gatekeepers gegen den DMA (Art 18):

Ergibt die Untersuchung, dass ein Gatekeeper seine Verpflichtungen aus dem DMA systematisch verletzt hat und sich die Torwächter-Position nicht geschwächt hat, kann die Kommission verhaltensbezogene oder strukturelle (bezogen auf die Unternehmensstruktur) Abhilfemaßnahmen setzen. Als Hinweis auf eine systematische Nichteinhaltung dient Abs 3 dieses Artikels: Wenn innerhalb von acht Jahren drei Nichteinhaltungsbeschlüsse (Art 29) wegen Verstößen gegen die Verpflichtungen nach Art 5-7 erlassen werden, ist von einer systematische Nichteinhaltung auszugehen. Für diese Marktuntersuchung inklusive Durchführungsrechtsakt besteht eine bindende Frist von 12 Monaten, die jedoch um bis zu sechs Monate aus objektiven Gründen (Abs 7) verlängert werden kann.

Die Aufnahme neuer Dienste und Praktiken in den Anwendungsbereich des DMA (Art 19):

Diese Art der Marktuntersuchung ermöglicht es der EU-Kommission, Anpassungen des DMA anzustoßen, um wirksam auf neue, bislang nicht erfasste Plattformdienste und Praktiken zu reagieren. Falls die Beurteilung, die innerhalb von 18 Monaten abzuschließen ist, zeigt, dass weitere Dienste oder Verpflichtungen vom DMA geregelt werden sollen, hat die Kommission verschiedene Optionen zur Reaktion:

  • Gesetzgebungsvorschlag: Die Kommission kann dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Änderungsvorschlag vorlegen, um neue zentrale Plattformdienste (nach Art 2 Z 2) oder Verpflichtungen (in Kapitel 3) in den DMA aufzunehmen oder bestehende Verpflichtungen oder Dienste zu streichen.
  • Delegierte Rechtsakte: Alternativ kann die Kommission durch delegierte Rechtsakte die bestehenden Verpflichtungen anpassen. Dabei können spezifische Regelungen der Art 5-7 des DMA ergänzt oder geändert werden (Rechtsgrundlage: Art 12). Delegierte Rechtsakte bieten der Kommission eine gewisse Flexibilität, ohne ein vollständiges Gesetzgebungsverfahren durchlaufen zu müssen. Diese müssen jedoch innerhalb festgelegter Fristen vom Europäischen Parlament und dem Rat überprüft und genehmigt werden (Vgl Art 49).

Untersuchungs-, Durchsetzungs- und Überwachungsbefugnisse

Um die Durchsetzung des DMA zu gewährleisten, ist die Kommission mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet, die in Kapitel V zu finden:

  • Unternehmen können zur Bereitstellung von Informationen und Zugang zu Daten, Algorithmen und Tests aufgefordert werden (Art 21: Auskunftverlangen).
  • Die Kommission kann natürliche oder juristische Personen zum Zweck der Informationsbeschaffung im Rahmen einer Untersuchung befragen und die Befragung aufzeichnen, wobei die Einwilligung der betroffenen Person erforderlich ist (Art 22: Befragung und Aufnahme von Aussagen).
  • Die Kommission kann umfassende Nachprüfungen bei Unternehmen durchführen (Art 23): Ihre Befugnisse umfassen den Zugang zu Geschäftsunterlagen, IT-Systemen, Algorithmen und Betriebsräumen der Unternehmen sowie die Möglichkeit, Aussagen von Mitarbeitenden zu protokollieren. Die Kommission kann nationale Behörden um Unterstützung bitten und, falls erforderlich, Polizeigewalt einsetzen. Dafür notwendige Gerichtliche Genehmigungen werden nur zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit des Einsatzes von Zwangsmaßnahmen eingeholt, jedoch ohne die Notwendigkeit der Nachprüfung infrage zu stellen.
  • Die Kommission kann in dringenden Fällen befristete einstweilige Maßnahmen gemäß Art 24 gegen Gatekeeper erlassen, um schwerwiegenden und irreparablen Schaden für Nutzer (gewerbliche oder Endnutzer) zu verhindern. Diese Maßnahmen sind nur während eines laufenden Verfahrens möglich, das auf einen möglichen Nichteinhaltungsbeschluss abzielt.

Sonstige Bestimmungen

In Art 40 des DMA ist die Einrichtung einer sogenannten hochrangigen Gruppe festgelegt, die aus Vertretern von europäischen Gremien und Netzwerken (max. 30 Mitglieder), wie z.B. dem europäischen Wettbewerbsnetz, besteht. Diese Gruppe berät die Kommission bei Fragen zur Anwendung und Durchsetzung des DMA und fördert einen einheitlichen Regulierungsansatz. Sie prüft Wechselwirkungen zwischen dem DMA und anderen sektorspezifischen Vorschriften und legt dazu jährlich einen Bericht vor. Zusätzlich kann die Gruppe die Kommission bei Marktuntersuchungen unterstützen und gibt Empfehlungen zu möglichen Anpassungen des DMA.

Wie bereits in der Sektion zu Marktuntersuchungen (siehe Art. 19) erläutert, hat die Kommission die Befugnis, delegierte Rechtsakte zu erlassen. Diese ermöglichen es ihr, bestimmte technische und detaillierte Aspekte des DMA anzupassen, um auf Entwicklungen im Markt oder in der Technologie flexibel reagieren zu können, ohne dass eine vollständige Überarbeitung des Gesetzes erforderlich ist. Die Bedingungen hierfür werden in Art 49 festgelegt: Die Kommission erhält die Befugnis, delegierte Rechtsakte gemäß Art. 3 Abs. 6 und 7 (Änderung quantitativer Schwellenwerte zur Einstufung als Gatekeeper und dessen Methodik) sowie Art. 12 Abs. 1, 3 und 4 (siehe oben zu Art 19) für fünf Jahre ab dem 1. November 2022 zu erlassen. Diese Befugnis verlängert sich automatisch, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen. Die Befugnis kann jederzeit vom Parlament oder Rat widerrufen werden. Vor Erlass eines Rechtsakts konsultiert die Kommission Sachverständige der Mitgliedstaaten. Der Rechtsakt tritt nur in Kraft, wenn weder das Parlament noch der Rat innerhalb von zwei Monaten Einwände erheben.

Die Kommission kann gemäß Artikel 46 Durchführungsrechtsakte erlassen, um detaillierte Regelungen zur Anwendung des DMA festzulegen. Diese betreffen verschiedene Bereiche wie die Form und den Inhalt von Mitteilungen, technische Maßnahmen zur Einhaltung der Vorgaben für Torwächter (Gatekeeper), sowie operative Vorkehrungen für die Interoperabilität von Kommunikationsdiensten. Zudem regelt sie die Modalitäten für Marktuntersuchungen, das rechtliche Gehör, die Offenlegung von Informationen und die Zusammenarbeit mit nationalen Behörden.

Artikel 50 des DMA beschreibt das Ausschussverfahren, bei dem die Kommission durch einen Beratenden Ausschuss für digitale Märkte unterstützt wird. Dieser Ausschuss setzt sich aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten zusammen und nimmt eine zentrale Rolle bei der Erarbeitung von Durchführungsrechtsakten ein, beispielsweise wenn die Kommission konkrete Maßnahmen gegenüber einem Gatekeeper festlegen möchte. Dieser Ausschuss arbeitet gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011, die die allgemeinen Regeln für die Durchführung von Ausschussverfahren innerhalb der EU festlegt.

Im Kontext des DMA wird der Beratende Ausschuss in zwei Verfahrensarten aktiv:

  1. Beratungsverfahren (Art 50 Abs 2): Im Beratungsverfahren wird der Ausschuss konsultiert, um eine Stellungnahme zu einem Entwurf zu geben, jedoch bleibt die endgültige Entscheidung in den Händen der Kommission. Im DMA kommt fast ausschließlich dieses Verfahren zur Anwendung (einzige Ausnahme: Art 46 Abs 2 UAbs 2).
  2. Prüfverfahren (Art 50 Abs 3): Im Prüfverfahren hat der Ausschuss eine stärkere Rolle, da die Kommission ihre Vorschläge nur dann umsetzen kann, wenn der Ausschuss entweder zustimmt oder keine eindeutigen Einwände erhebt.

Fallbeispiele

Inzwischen gibt es bereits Untersuchungen und Verfahren gegen eine Reihe von Gatekeepern im Zusammenhang mit Verstößen gegen den DMA. Im Folgenden werden ein paar dieser Fälle herausgegriffen und kurz erläutert:

Verfahrenseinleitung gegen Apple wegen App Store-Vorschriften

Laut EU-Kommission soll Apple gegen die Bestimmungen des DMA verstoßen haben, da das Unternehmen die Möglichkeit von App-Entwicklern beschränkt, außerhalb des App-Stores Kontakt zu Endnutzern aufzubauen und dies nur über sog. „Link-Outs“ zulässt [4]. Darüber hinaus verlangt Apple eine Gebühr, damit App-Entwickler mit Endnutzern überhaupt in Kontakt treten können. All dies verstoße gegen Art 5 Abs 4 DMA, wonach es gewerblichen Nutzern, die Apps über den App Store vertreiben, ermöglicht werden muss, ihre Angebote über die Dienste des Gatekeepers kostenlos gegenüber Endnutzern zu kommunizieren sowie Verträge mit diesen auch außerhalb der Dienste des Gatekeepers zu schließen. Sollte sich diese Auffassung der EU-Kommission bestätigen, würde diese innerhalb von 12 Monaten nach Einleitung des Verfahrens am 25. März 2024 einen Beschluss wegen Verstoßes gegen den DMA erlassen und Apple würde eine Geldbuße bis zu 10% des weltweit erzielten Gesamtumsatzes drohen.[5]

Vorläufige Feststellungen zum „Pay or consent“-Modell von Meta

Laut der EU-Kommission verstößt Meta mit seinem „Pay or consent“-Modell auf Facebook und Instagram gegen das Gesetz über digitale Märkte (DMA). Diese Geschäftspraktik stellt Nutzer vor die Wahl, entweder einer Verknüpfung ihrer auf verschiedenen Plattformen erhobenen personenbezogenen Daten zuzustimmen oder - bei fehlender Zustimmung - eine Gebühr zu zahlen. Die Kommission ist der Auffassung, dass damit Art 5 Abs 2 DMA verletzt wird, denn diese Bestimmung verlangt, dass trotzdem Zugang zu einer weniger personalisierten, aber gleichwertigen Alternative möglich ist. Besonders durch den Zahlungsaspekt ist allerdings fragwürdig, ob es sich wirklich um freie Einwilligung des Nutzers handelt und ob diese als gleichwertige Alternative zu werten ist[6]. Sollte sich die vorläufige Auffassung bestätigen, könnte die Kommission innerhalb von 12 Monaten nach Verfahrensbeginn am 25. März 2024 einen Beschluss erlassen, der Meta für den Verstoß gegen den DMA zur Verantwortung zieht, was mit einer Geldbuße von bis zu 10% des weltweit erzielten Gesamtumsatzes verbunden sein könnte.[7]

Verfahrenseinleitung gegen Alphabet wegen vermeintlichem „self-preferencing“

Die Kommission hat ein Verfahren gegen Alphabet eingeleitet, um zu prüfen, ob die Anzeige der Google-Suchergebnisse durch das Unternehmen zu einer Bevorzugung eigener nachgelagerter Suchdienste (z.B. Google Shopping, Google Flights oder Google Hotels) im Vergleich zu ähnlichen Suchfunktionen konkurrierender Anbieter führt. Das wäre ein Verstoß gegen Art 6 Abs 5, der normiert, dass Dienste von Drittanbietern fair und nicht diskriminierend im Vergleich zu den eigenen Diensten behandelt werden. Die Kommission beabsichtigt, das am 25. März 2024 eingeleitete Verfahren innerhalb von 12 Monaten abzuschließen.[8]

Entscheidung: Das soziale Netzwerk von X (vormals Twitter) ist kein zentraler Plattformdienst nach dem DMA

Die Europäische Kommission hat am 16. Oktober 2024 entschieden, dass das soziale Netzwerk von X nicht als zentraler Plattformdienst im Sinne des DMA eingestuft wird. Diese Entscheidung folgte einer eingehenden Marktuntersuchung vom 13. Mai 2024, nachdem X seinen potenziellen Gatekeeper-Status gemeldet hat. Obwohl X die quantitativen Kriterien des Art 3 Abs 2 DMA erfüllte, legte das Unternehmen Gegenargumente vor, die zusammen mit dem Feedback der Interessengruppen die Kommission dazu veranlassten, festzustellen, dass X kein wichtiges Zugangstor (iSd Art 3 Abs 1 lit b DMA) für gewerbliche Nutzer zu Endnutzern darstellt.[9]

Synergien

Zusammenspiel mit dem Digital Services Act (DSA)

Wie eingangs dieses Beitrags erwähnt, bildet der DMA zusammen mit dem Digital Services Act (DSA) das Paket zum Gesetz über digitale Dienste der Europäischen Kommission und damit ein umfassendes Regelwerk, das die digitale Wirtschaft in der EU fair, offen und innovationsfördernd gestalten soll. Dementsprechend verfolgen die beiden Rechtsakte ähnliche Ziele und verwenden dafür in manchen Bereichen gleiche Begriffe oder verwandte Regelungsansätze. Grundlegende Unterschiede sind, dass sich der DMA auf große Platzhirschen am Markt fokussiert, die sogenannten Gatekeeper, und ihnen überwiegend Vorschriften für fairen Wettbewerb und Interoperabilität auferlegt (allerdings spielen Transparenzregeln natürlich auch eine Rolle), während der DSA für alle Online Vermittlungsdienste mit Ausnahme der Klein- und Kleinstunternehmen gilt. Die Kernpflichten des DSA sind hingegen Transparenzpflichten, Informationspflichten, bestimmte Anforderungen an AGBs, Verbote bestimmter Praktiken (z.B. auf Profiling von sensiblen Daten gestützte Werbeeinschaltungen an Minderjährige oder die Verwendung von manipulativen Taktiken wie „dark patterns“) und bestimmte Verpflichtungen im Umgang mit illegalen Inhalten.

Ähnliche Konzepte:

Der DSA verbietet Online-Plattformen und Transaktionsplattformen den Einsatz von sogenannten "dark patterns". Konkret dürfen Plattformen ihre Benutzeroberflächen nicht so gestalten, dass Nutzer getäuscht oder manipuliert werden. Dies umfasst irreführende Designs, die die freie Entscheidungsfähigkeit der Nutzer beeinträchtigen. Während der DMA den Begriff "dark patterns" nicht explizit kennt, zielt er inhaltlich auf vergleichbare manipulative und irreführende Praktiken ab und verbietet diese. Dazu sei auf die Seite des Digital Services Act (DSA) verwiesen, wo unter der Überschrift "Ausgewhälte Themen im Fokus/Dark Patterns", eine genauere Beschreibung zu finden ist.

Im DSA unterliegen die sogenannten VLOPs (Very Large Online Platforms) und VLOSEs (Very Large Search Engines), das sind Online Plattformen/Suchmaschinen mit erheblicher Reichweite, zusätzlichen Verpflichtungen. Dieses Konzept erinnert stark an die Gatekeeper aus dem DMA, die eine starke Marktposition besitzen und deshalb reguliert werden. In Beiden Fällen werden die Akteure von der Kommission benannt. Im DSA geht dies jedoch nur, wenn die Plattformen oder Suchmaschinen konkrete quantitative Schwellenwerte erreichen (monatlich mindestens 45 Millionen aktive Nutzer in der EU).[10]

Das Sanktionssystem der beiden Rechtsakte ist ähnlich ausgestaltet. Für die Verhängung von Strafen ist beim DMA ausschließlich die EU Kommission zuständig, beim DSA hingegen nur, wenn es sich um VLOPs oder VLOSEs handelt. Für die anderen Arten von Vermittlungsdiensten sind die Mitgliedstaaten bzw den von diesen ernannten Koordinatoren für digitale Dienste zuständig. Die Geldbußen für Verstöße richten sich nach dem Weltweiten Jahresumsatz des Unternehmens und betragen beim DMA bis zu 20%, beim DSA nur maximal 6%. Im Rahmen des DSA sind in dringenden, schwerwiegenden Fällen einstweilige Maßnahmen wie z.B. die Aussetzung des Dienstes möglich[11]. Der DMA erlaubt bei systematischen Verstößen sogar strukturelle Maßnahmen, wie die Aufspaltung von Unternehmen, wenn Geldbußen nicht ausreichen.

Datenschutz

Der DMA und die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) weisen Überschneidungen in manchen Bereichen auf (Für eine erweiterte Liste der Synergien zwischen DMA und DSGVO siehe Die Digitalrechtsakte der EU (DGA, DSA, DMA, KI-VO-E und DA-E) – Teil II):

  • Übernahme von Begriffen/Definitionen: Der DMA übernimmt in Art 2 Z 25, Z 31 und Z 32 wichtige Begriffsbestimmungen aus der DSGVO. Diese beinhalten Definitionen, die für die Anwendung des DMA relevant sind, insbesondere in Bezug auf personenbezogene Daten (pbD) und die Verarbeitung solcher Daten im Kontext der Gatekeeper-Verpflichtungen. Auch bei der sogenannten "Einwilligung" (Zustimmung zur Verarbeitung seiner pbD) verweist der DMA auf die Anforderungen der DSGVO.
  • Verwendungs- und Zusammenführungsverbote von personenbezogenen Daten: In der DSGVO gibt es den Grundsatz der Zweckbindung (Art 5 Abs 1 lit b DSGVO), der besagt, dass pbD nur für bestimmte festgelegte Zwecke erhoben werden dürfen. Diesem Grundsatz folgt der DMA in gewisser Weise: Die Verwendung und Zusammenführung von pbD in den Fällen von Art 5 Abs 2 DMA durch Gatekeeper ist verboten (außer wenn eine ausdrückliche Einwilligung vorliegt). Darüber hinaus ergeben sich aus der DSGVO weitere Rechtsgrundlagen, die die Verarbeitung von pbD erlauben können und für Gatekeeper von Bedeutung sein könnten, beispielsweise wenn die Verarbeitung zur Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen, zum Schutz lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person oder zur Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse erforderlich ist (Art 6 Abs 1 lit c-e DSGVO).
  • Erweiterung des Rechts auf Datenübertragbarkeit: In Artikel 20 der DSGVO wird bereits das Recht auf Datenübertragbarkeit für personenbezogene Daten, die eine Person selbst bereitgestellt hat, gewährt. Der DMA erweitert dieses Recht jedoch, indem er es auch auf nicht selbst bereitgestellte Daten sowie auf nicht-personenbezogene Daten ausweitet (Art 6 Abs 9 DMA).[12]

Zusammenspiel mit anderen Wettbewerbsvorschriften

Der DMA stellt klar, dass die Verordnung die bestehenden europäischen und nationalen Wettbewerbsregeln nicht ersetzt oder beeinträchtigt (Art 1 Abs 6). Stattdessen ergänzt der DMA diese Regelwerke, um gezielt Probleme in digitalen Märkten zu adressieren. Die Weiteranwendung der folgenden Vorschriften wird explizit hervorgehoben:

  • Fortgeltung der Artikel 101 und 102 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union): Diese Artikel behandeln das Verbot von wettbewerbswidrigen Vereinbarungen, wie Kartellen und des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung.
  • Nationale Regeln, die Vereinbarungen, abgestimmte Verhaltensweisen oder den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verbieten, bleiben anwendbar.
  • Nationale Vorschriften, die einseitige Verhaltensweisen (etwa von Nicht-Gatekeeper Unternehmen) verbieten oder Gatekeepern zusätzliche Anforderungen auferlegen, sind zulässig.
  • Fortgeltung der Fusionskontrollregeln (Unternehmenszusammenschlüsse): Die EU-Fusionskontrollverordnung (VO Nr. 139/2004) regelt die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen auf EU-Ebene. Mitgliedstaaten können weiterhin eigene Vorschriften zur Fusionskontrolle anwenden.

Selbstverständlich dürfen nationale Behörden keine Entscheidungen erlassen, die den Beschlüssen der Kommission im Rahmen des DMA widersprechen (Art 1 Abs 7).

Sonstige Querbezüge

Ein weiterer relevanter Aspekt ergibt sich aus Art 8 Abs 1 DMA: Gatekeeper sind verpflichtet, sicherzustellen, dass die von ihnen ergriffenen Maßnahmen zur Einhaltung der Vorschriften des DMA im Einklang mit dem anwendbaren Recht stehen. Dies umfasst insbesondere Rechtsvorschriften in Bereichen wie Cybersicherheit, Verbraucherschutz, Produktsicherheit und Barrierefreiheit.

Für sonstige Synergien zwischen dem DMA und dem DGA, DSA, AIA und DA bietet dieser Link eine gute Übersicht: https://rsw.beck.de/zeitschriften/zd/suchergebnisse?indexCatalogue=zd&searchQuery=Die+Digitalrechtsakte+der+EU

Konsequenzen/Strafen

Die Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorschriften durch Gatekeeper werden direkt von der Europäischen Kommission verhängt. Nationale Behörden, wie in Österreich die Bundeswettbewerbsbehörde, spielen bei der Überwachung und Durchsetzung von Sanktionen ebenfalls eine Rolle, jedoch bleibt die Verhängung von Strafen bei Verstößen der EU Kommission vorbehalten.

Bei Nichteinhaltung der Vorschriften des DMA drohen folgende Konsequenzen:

  • Geldbußen von bis zu 10% des weltweiten Jahresumsatzes des betreffenden Gatekeepers im vorangegangenen Geschäftsjahr für Verstöße gegen die Verpflichtungen des DMA (Art 30 Abs 1).
  • Geldbußen von bis zu 20% des weltweiten Jahresumsatzes bei wiederholten Verstößen gegen dieselbe Verpflichtung bzw betreffend denselben Plattformdienst (Art 30 Abs 2).
  • Geldbußen von bis zu 1% des weltweit erzielten Jahresumsatzes bei weniger gravierenden Verstößen, wie beispielsweise Zuwiderhandlungen gegen Auskunftspflichten, Mitteilungspflichten, Nichtduldung einer Nachprüfung, oder bei Nichtberichtigung von unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Angaben (Art 30 Abs 3).
  • Zwangsgelder: bis zu 5% des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes, falls ein Unternehmen bestimmten in Art 31 Abs 1 lit a-h aufgezählten Beschlüssen der Kommission nicht nachkommt.
  • Im Extremfall kann die Kommission Maßnahmen zur strukturellen Abtrennung von Geschäftsbereichen des Gatekeepers in Betracht ziehen, wenn dieser systematisch gegen die Vorschriften verstößt und andere Sanktionen nicht ausreichen, um die Einhaltung sicherzustellen (Art 18 Abs 1).

Verjährungsfrist

Artikel 32 des DMA sieht eine Verjährungsfrist von fünf Jahren für die Verhängung von Sanktionen durch die Europäische Kommission vor. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt des Verstoßes oder, bei andauernden Verstößen, mit deren Beendigung. Maßnahmen der Kommission, wie ein Auskunftsersuchen oder die Verfahrenseinleitung, unterbrechen die Frist, die dann neu beginnt. Insgesamt darf die Verjährung jedoch zehn Jahre nicht überschreiten, zuzüglich der Zeit in dem die Frist aufgrund eines Verfahrens vor dem Gerichtshof ruht.

Artikel 33 regelt die Durchsetzung von Sanktionen, ebenfalls mit einer Verjährungsfrist von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem der Beschluss rechtskräftig wird. Diese Frist kann durch Maßnahmen zur zwangsweisen Beitreibung unterbrochen und bei Gerichtsverfahren ausgesetzt werden.

Gerichtliche Nachprüfung

Artikel 45 des DMA besagt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Artikel 261 AEUV eine unbeschränkte Ermessensnachprüfung von Beschlüssen der Kommission durchführen kann, mit denen Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt wurden. Der Gerichtshof hat dabei die Befugnis, diese Sanktionen aufzuheben, zu verringern oder zu erhöhen.

Weiterführende Literatur

  • Podszun, Digital Markets Act. Gesetz über digitale Märkte (2023).
  • Achleitner, Das Durchsetzungsregime im Digital Markets Act. Private Enforcement unerwünscht? ZÖR 2023, 287.
  • Staudegger, Aktuelles aus dem IT-Recht - Daten-Governance-Rechtsakt (DGA), Gesetz über Digitale Märkte (DMA), Gesetz über Digitale Dienste (DSA), jusIT 2023, 85.
  • Decarolis/Li, Regulating online search in the EU. From the android case to the digital markets act and digital services act, International Journal of Industrial Organization 2023, https://doi.org/10.1016/j.ijindorg.2023.102983 .
  • Blümel, Dark Patterns im DSA und DMA. Unzulässige digitale Beeinflussung von Entscheidungsprozessen, ecolex 2023, 986.

Weiterführende Links

Einzelnachweise

  1. https://digital-markets-act.ec.europa.eu/commission-designates-six-gatekeepers-under-digital-markets-act-2023-09-06_en?prefLang=de.
  2. European Commission, Gatekeepers, https://digital-markets-act.ec.europa.eu/gatekeepers_en.
  3. European Commission, About the Digital Markets Act, https://digital-markets-act.ec.europa.eu/about-dma_en.
  4. Euractiv, Apple changes EU app store policy after Commission probe https://www.euractiv.com/section/digital-single-market/news/apple-changes-eu-app-store-policy-after-commission-probe/ (Stand 9. 8. 2024).
  5. Europäische Kommission, Kommission übermittelt Apple vorläufige Feststellungen und leitet weitere Verfahren gegen Apple wegen möglicher Verstöße gegen das Gesetz über digitale Märkte ein, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_24_3433 (Stand 24. 6. 2024).
  6. Zimmer/Göhsl, Enforcement of the Digital Markets Act, https://verfassungsblog.de/enforcement-of-the-digital-markets-act/ (Stand 10. 4. 2024).
  7. Europäische Kommission, Kommission sieht im „Pay or consent“-Modell von Meta einen möglichen Verstoß gegen das Gesetz über digitale Märkte, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_24_3582 (Stand 1. 7. 2024).
  8. Europäische Kommission, Kommission leitet Verfahren gegen Alphabet, Apple und Meta gemäß dem Gesetz über digitale Märkte ein, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_24_1689 (Stand 25. 3. 2024).
  9. European Commission, Daily News 16 / 10 / 2024, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/mex_24_5324 (Stand 16. 20. 2024).
  10. Art 33 Abs 1 DSA, Art 3 DMA.
  11. Europäische Kommission, Der Durchsetzungsrahmen nach dem Gesetz über digitale Dienste, https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/dsa-enforcement.
  12. Pfeiffer/Helmke, Die Digitalrechtsakte der EU (DGA, DSA, DMA, KI-VO-E und DA-E) – Teil II, https://rsw.beck.de/zeitschriften/zd/meldung/2023/05/16/die-digitalrechtsakte-der-eu-(dga--dsa--dma--ki-vo-e-und-da-e)---teil-ii (abgefragt 20. 11. 2024).