European Health Data Space (EHDS): Unterschied zwischen den Versionen

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=== Inkrafttreten ===
=== Inkrafttreten ===
Derzeit ist in Artikel 72 EHDS-VO-Vorschlags ein Inkrafttreten am zwanzigsten Tag nach der Veröffentlichung der Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union vorgesehen. Anzuwenden ist die VO grundsätzlich 2 Jahre nach Inkrafttreten, wobei jedoch bestimmte Artikel erst nach vier, sechs bzw. zehn Jahren nach dem Inkrafttreten in Geltung treten.
In Artikel 105 EHDS-VO-Vorschlag ist ein Inkrafttreten am zwanzigsten Tag nach der Veröffentlichung der Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union vorgesehen. Anzuwenden ist die VO grundsätzlich 2 Jahre nach Inkrafttreten, wobei jedoch bestimmte Artikel erst nach vier, sechs bzw. zehn Jahren nach dem Inkrafttreten in Geltung treten.


== Kurzüberblick zum Europäischen Gesundheitsdatenraum ==
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|Mit dem Vorschlag werden '''drei Ziele''' verfolgt:
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• die Gewährleistung der '''Primärnutzung''' von Gesundheitsdaten,
• die Gewährleistung der '''Primärnutzung''' ("Gesundheitsversorgung") von elektronischen Gesundheitsdaten,


• die Festlegung der '''Regeln''' für die auf dem Markt angebotenen Lösungen für '''Patientendatensysteme''' und Wellness-Apps und
• die Festlegung der '''Regeln''' für die auf dem Markt angebotenen Lösungen für '''Patientendatensysteme''' und Wellness-Apps und


• die Genehmigung der '''Sekundärnutzung''' von Gesundheitsdaten unter bestimmten Bedingungen
• die '''Sekundärnutzung''' (Weiternutzung von in der Gesundheitsversorgung gewonnenen Daten für Forschungszwecke etc.) von elektronischen Gesundheitsdaten (unter bestimmten Bedingungen)
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* '''Sachlich''' wird die Nutzung von "elektronischen Gesundheitsdaten" (=  personenbezogene oder nicht personenbezogene elektronische Gesundheitsdaten gem. Art 2 Abs 2 lit c VO-Vorschlag) festgelegt.
* Der '''persönliche''' Anwendungsbereich adressiert insb. Patient*innen (natürliche Personen) und Angehörige der Gesundheitsberufe sowie weitere "Stakeholder" im Gesundheitswesen, z.B. sogenannte "Gesundheitsdateninhaber" und "Gesundheitsdatennutzer" (Art 2 Abs 2 lit t bzw. u leg cit).
|Mit der vorgeschlagenen EHDS-VO wird der '''europäische Gesundheitsdatenraum''' (European Health Data Space – "EHDS“) mit gemeinsamen Vorschriften, Standards und Infrastrukturen sowie einem Governance-Rahmen geschaffen, um den Zugang zu elektronischen Gesundheitsdaten für die Zwecke der '''Primärnutzung''' von elektronischen Gesundheitsdaten sowie der '''Sekundärnutzung''' dieser Daten zu erleichtern (Art 1 Abs 1 leg cit). Darüber hinaus werden bestimmte gemeinsame Vorschriften für Systeme für elektronische Gesundheitsaufzeichnungen ('''„EHR-Systeme'''“) festgelegt (Art 1 Abs 2 lit b leg cit).
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|Durch duale Nutzung von elektronischen Gesundheitsdaten für die Gesundheitsversorgung und die Weiterverarbeitung insb. in der Forschung soll der EHDS die Gesundheitsversorgung in der EU verbessern, einen Binnenmarkt für digitale Gesundheitsdienste schaffen und die Forschung im Gesundheitsbereich vorantreiben.
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Version vom 25. Februar 2025, 16:47 Uhr

Flagge der Europäischen Union

Verordnung (EU) 2025/

Titel: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten
Kurztitel: Europäischer Raum für Gesundheitsdaten, European Health Data Space (EHDS)
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
EHDS
Geltungsbereich: EWR
Rechtsmaterie: Binnenmarkt, Gesundheits- und Datenschutzrecht
Grundlage: AEUV, insbesondere Art. 16 und Art. 114
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung ist ein aktueller Vorschlag im Rechtsetzungsprozess.
Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union

ealth-digital-health-and-care/european-health-data-space_de

Status des Verordnungsvorschlags

Der Vorschlag der Europäischen Kommission zum Europäischen Gesundheitsdatenraum wurde am 3.5.2022 veröffentlicht. Nach Verhandlungen haben sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Rat am 6. Dezember 2023 auf eine gemeinsame Position zum EHDS-Verordnungsvorschlag geeinigt.[1] Diese Einigung bildete die Grundlage für die Verhandlungen über den EHDS-Entwurf mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission (sog. „Trilog“) dar. Darauf folgte am am 14. März 2024 eine Einigung zwischen Rat der Europäischen Union, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission auf einen gemeinsamen Kompromisstext.[2] Das Europäische Parlament hat daraufhin den Text am 24. April 2024 (noch ohne Überarbeitung durch die Rechts- und Sprachsachverständigen) in erster Lesung beschlossen,[3] [4] bevor der (in der Zwischenzeit redaktionell bereinigte und sprachjuristisch geprüfte) VO-Vorschlag auch vom Rat am 21. Jänner 2025 angenommen wurde.[5] Nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und des Präsidenten des Rates am 11.2. bzw. 12.2.2025[6] erfolgt demnächst die Kundmachung der EHDS-VO im Amtsblatt der EU.

Inkrafttreten

In Artikel 105 EHDS-VO-Vorschlag ist ein Inkrafttreten am zwanzigsten Tag nach der Veröffentlichung der Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union vorgesehen. Anzuwenden ist die VO grundsätzlich 2 Jahre nach Inkrafttreten, wobei jedoch bestimmte Artikel erst nach vier, sechs bzw. zehn Jahren nach dem Inkrafttreten in Geltung treten.

Kurzüberblick zum Europäischen Gesundheitsdatenraum

Ziele Anwendungsbereich Kerninhalte Synergie Konsequenzen
Mit dem Vorschlag werden drei Ziele verfolgt:

• die Gewährleistung der Primärnutzung ("Gesundheitsversorgung") von elektronischen Gesundheitsdaten,

• die Festlegung der Regeln für die auf dem Markt angebotenen Lösungen für Patientendatensysteme und Wellness-Apps und

• die Sekundärnutzung (Weiternutzung von in der Gesundheitsversorgung gewonnenen Daten für Forschungszwecke etc.) von elektronischen Gesundheitsdaten (unter bestimmten Bedingungen)

  • Sachlich wird die Nutzung von "elektronischen Gesundheitsdaten" (= personenbezogene oder nicht personenbezogene elektronische Gesundheitsdaten gem. Art 2 Abs 2 lit c VO-Vorschlag) festgelegt.
  • Der persönliche Anwendungsbereich adressiert insb. Patient*innen (natürliche Personen) und Angehörige der Gesundheitsberufe sowie weitere "Stakeholder" im Gesundheitswesen, z.B. sogenannte "Gesundheitsdateninhaber" und "Gesundheitsdatennutzer" (Art 2 Abs 2 lit t bzw. u leg cit).
Mit der vorgeschlagenen EHDS-VO wird der europäische Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space – "EHDS“) mit gemeinsamen Vorschriften, Standards und Infrastrukturen sowie einem Governance-Rahmen geschaffen, um den Zugang zu elektronischen Gesundheitsdaten für die Zwecke der Primärnutzung von elektronischen Gesundheitsdaten sowie der Sekundärnutzung dieser Daten zu erleichtern (Art 1 Abs 1 leg cit). Darüber hinaus werden bestimmte gemeinsame Vorschriften für Systeme für elektronische Gesundheitsaufzeichnungen („EHR-Systeme“) festgelegt (Art 1 Abs 2 lit b leg cit). Durch duale Nutzung von elektronischen Gesundheitsdaten für die Gesundheitsversorgung und die Weiterverarbeitung insb. in der Forschung soll der EHDS die Gesundheitsversorgung in der EU verbessern, einen Binnenmarkt für digitale Gesundheitsdienste schaffen und die Forschung im Gesundheitsbereich vorantreiben.

Einleitung

Die Europäische Kommission hat 2020 in ihrer europäischen Datenstrategie[7] (neben ursprünglich acht weiteren Datenräumen)[8] die Einrichtung eines Europäischen Gesundheitsdatenraumes (European Health Data Space, „EHDS“) vorgeschlagen. Der europäische Raum für Gesundheitsdaten ist der erste Vorschlag für einen solchen bereichsspezifischen gemeinsamen europäischen Datenraum. Datenräume sind laut Europäischer Kommission (vertikale) sektorspezifische Regelungen, die als einheitliches Ziel einen "genuine single market for data“ vorsehen. Dieser Binnenmarkt für Daten soll vor allem zu einer Schaffung großer Datenpools in bestimmten Sektoren (wie der Gesundheit) und einem verbesserter Datenzugang für die Entwicklung neuer datengestützter Dienste und Anwendungen (auch für das Training von foundation models, "GenAI") führen. Der EHDS soll die horizontalen Rechtsakte, wie insbesondere den Data Governance Act (DGA) und den Data Act (DA) ergänzen und sieht spezifischere Vorschriften für das Gesundheitswesen vor.

Laut Europäischer Kommission ist der europäische Raum für Gesundheitsdaten ein gesundheitsspezifisches Ökosystem, das aus Vorschriften, gemeinsamen Standards und Verfahren, Infrastrukturen und einem Governance-Rahmen besteht, der auf Folgendes abzielt:[9]

a) Stärkung der Handlungskompetenz der Einzelpersonen durch Verstärkung des digitalen Zugangs zu ihren personenbezogenen elektronischen Gesundheitsdaten und ihrer Kontrolle darüber sowie durch Unterstützung ihres freien Datenverkehrs

b) Förderung eines echten Binnenmarkts für Systeme für elektronische Patientenakten, relevante Medizinprodukte und Hochrisiko-KI-Systeme

c) Schaffung eines kohärenten, vertrauenswürdigen und effizienten Umfelds für die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung, Innovation, Politikgestaltung und Regulierungstätigkeiten

Die Europäische Kommission hat den EHDS-Entwurf in Form einer Verordnung 2022 vorgelegt - als bislang einzigen formalen Rechtsakt unter den dreizehn anderen Datenräumen. Dies ist laut Kommission darin begründet, dass die Covid-19-Epidemie die Dringlichkeit eines funktionierenden Datenzugangs und -austausches auf europäischer Ebene aufgezeigt hat und zahlreiche Öffnungsklauseln der DSGVO sowie die uneinheitliche Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und damit Hindernissen für die Sekundärnutzung personenbezogener elektronischer Gesundheitsdaten geführt haben. Daher siehe der EHDS-E u.a. einen gemeinsamen Rahmen für die Sekundärnutzung elektronischer Gesundheitsdaten vor, der Fragmentierung der und die Hindernisse für den grenzüberschreitenden Zugang verringern soll.

Zentrale Inhalte

Primärnutzung elektronischer Gesundheitsdaten

Kapitel II (Art 3 ff EHDS-VO-Vorschlag) enthält Regelungen zur Primärnutzung elektronischer Gesundheitsdaten. Als "Primärnutzung" wird in Art 2 Abs 2 lit d leg cit "die Verarbeitung elektronischer Gesundheitsdaten für die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen zur Beurteilung, Erhaltung oder Wiederherstellung des Gesundheitszustands der natürlichen Person, auf die sich die Daten beziehen" definiert.

Sekundärnutzung elektronischer Gesundheitsdaten

Der EHDS-VO-Vorschlag regelt in Kapitel IV (Art 32a ff) die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten für Forschung, Innovation, Politikgestaltung und regulatorische Zwecke. Laut Legaldefinition in Art 2 Abs 2 lit e bezeichnet der Begriff der Sekundärnutzung dabei "die Verarbeitung elektronischer Gesundheitsdaten für die in Kapitel IV genannten Zwecke, sofern es sich nicht um die Zwecke handelt, für die sie ursprünglich erhoben oder erstellt wurden". Als Zwecke, für die elektronische Gesundheitsdaten zur Sekundärnutzung verarbeitet werden können, normiert Art 34 die folgenden:

  • öffentliches Interesse im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der Gesundheit am Arbeitsplatz;
  • Politikgestaltung und Regulierungstätigkeiten zur Unterstützung von öffentlichen Stellen;
  • Statistiken, wie nationale, multinationale und unionsweite amtliche Statistiken im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 223/2009 über den Gesundheits- oder Pflegesektor;
  • Bildungs- oder Lehrtätigkeiten im Gesundheits- oder Pflegebereich auf der Ebene der Berufs- oder Hochschulbildung;
  • wissenschaftliche Forschung im Bereich des Gesundheits- oder Pflegesektors, die zur öffentlichen Gesundheit oder zur Bewertung von Gesundheitstechnologien beiträgt oder ein hohes Maß an Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung, von Arzneimitteln oder Medizinprodukten sicherstellt, mit dem Ziel, Endnutzern wie Patienten, Angehörigen der Gesundheitsberufe und Gesundheitsverwaltungen zugutezukommen, einschließlich Entwicklungs- und Innovationstätigkeiten für Produkte oder Dienstleistungen; Training, Erprobung und Bewertung von Algorithmen, auch in Medizinprodukten, In-vitro-Diagnostika, KI-Systemen und digitalen Gesundheitsanwendungen;
  • Verbesserung der Pflege, Optimierung der Behandlung und Gesundheitsversorgung auf der Grundlage der elektronischen Gesundheitsdaten

Zum Schutz der Privatsphäre und insbesondere In Anwendung des Grundsatzes der Datenminimierung gem Art 5 Abs 1 lit c DSGVO geht der EHDS-VO-Vorschlag grundsätzlich von einer Nutzung anonymisierter oder pseudonymisierten Gesundheitsdaten aus. Daher sollen in allen Fällen, in denen dies ausreicht, nicht personenbezogene (anonymisierte) elektronische Gesundheitsdaten zur Verfügung gestellt werden. Wenn der Datennutzer personenbezogene elektronische Gesundheitsdaten verwenden muss, ist dies zu begründen und von der Stelle für den Zugang zu Gesundheitsdaten zu überprüfen - selbst in einem solchen Fall sollten personenbezogene elektronische Gesundheitsdaten nur in pseudonymisiertem Form zur Verfügung gestellt werden. Die Pseudonymisierung und Anonymisierung kann dabei laut ErwGr 49 von den Zugangsstellen für Gesundheitsdaten oder von den Inhabern von Gesundheitsdaten vorgenommen werden.

Ablauf der Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten

Ablauf Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten

Der Prozess zur Sekundärdatennutzung umfasst überblicksartig folgende Schritte (siehe auch das Ablaufdiagramm):

1. Antragstellung durch Datenverwender: Forschende, politische Entscheidungsträger oder Innovatoren, die Gesundheitsdaten nutzen möchten, stellen einen Antrag bei der zuständigen nationalen Gesundheitsdatenzugangsstelle.

2. Prüfung des Antrags: Die Gesundheitsdatenzugangsstelle bewertet den Antrag hinsichtlich der Einhaltung der festgelegten Zwecke und der Datenschutzbestimmungen.

3. Erteilung einer Datenzugangsgenehmigung: Bei positiver Bewertung wird eine Genehmigung erteilt, die den Zugang zu den erforderlichen Gesundheitsdaten unter strengen Bedingungen erlaubt.

4. Datenzugriff in sicheren Verarbeitungsumgebungen: Die genehmigten Datenverwender greifen auf die Gesundheitsdaten in speziell gesicherten Verarbeitungsumgebungen zu, die den Datenschutz gewährleisten.

5. Verarbeitung und Analyse der Daten: Innerhalb dieser sicheren Umgebung werden die Daten für die genehmigten Zwecke verarbeitet und analysiert.

6. Ergebnisse: Die gewonnenen Erkenntnisse werden genutzt, um die Forschung voranzutreiben, politische Entscheidungen zu unterstützen oder neue Gesundheitslösungen zu entwickeln.

Widerspruch ("Opt-out")

Natürlichen Personen (idR Patient*innen) steht gem Art 48a Abs 1 EHDS-VO-Vorschlag das Recht auf (begründungslosen) Widerspruch gegen die Bereitstellung ihrer personenbezogenen elektronischen Gesundheitsdaten für die Sekundärnutzung zu. Dies bewirkt, dass ab Ausübung des Widerspruchs (identifizierbare) elektronische Gesundheitsdaten des Widersprechenden nicht durch nachfolgende Datengenehmigungen gem Art 46 oder Datenanfragen gem Artikel 47 zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Allerdings existiert dazu eine (beschränkte) Gegenausnahme, d.h. dass es trotz aufrechtem Widerspruch zur Sekundärdatennutzung für bestimmte Zwecke, die in engem Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse stehen, kommen kann (laut ErwGr 37c soll dies bsph bei Tätigkeiten zum Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder wissenschaftliche Forschung aus wichtigen Gründen des öffentlichen Interesses vorliegen). Die Mitgliedstaaten werden durch Art 48a Abs 3 ermächtigt, dafür einen eingeschränkten Mechanismus für den Datenzugang einzurichten.

Fallbeispiele

Use cases Können Sie konkrete Beispiele dafür nennen, wie der EHDS funktionieren wird?

Beispiel 1: Eine in Portugal lebende Frau fährt nach Frankreich in Urlaub. Leider erkrankt sie in Frankreich und muss vor Ort eine Hausarztpraxis aufsuchen. Dank EHDS und MyHealth@EU kann auf dem Praxiscomputer in Frankreich die Krankengeschichte dieser Patientin in französischer Sprache abgerufen werden (unterstützt durch Übersetzungsfunktionen). Infolgedessen kann das notwendige Arzneimittel auf der Grundlage der Krankengeschichte der Patientin verschrieben werden und z. B. können Medikamente vermieden werden, auf die die Patientin allergisch ist. Die Verschreibungsinformationen können ebenfalls ausgetauscht werden, damit sie zu Hause in Portugal oder überall in der Union verwendet werden können.

Beispiel 2: Ein Gesundheitstechnologieunternehmen entwickelt ein neues KI-basiertes Instrument zur medizinischen Entscheidungsfindung, das Ärzten dabei hilft, nach einer Überprüfung der Laborbilder des Patienten Diagnose- und Behandlungsentscheidungen zu treffen. Die KI vergleicht die Bilder des Patienten mit denen vieler früherer Patienten. Durch den EHDS kann das Unternehmen einen effizienten und sicheren Zugang zu einer großen Zahl medizinischer Bilder bekommen, um den KI-Algorithmus zu trainieren und seine Genauigkeit und Wirksamkeit zu optimieren, bevor es eine Marktzulassung beantragt.

Beispiel 3: Ein Mann hat ein medizinisches Bild seiner Lunge, das im öffentlichen Krankenhaus gemacht wurde, in das er vom Notfallteam gebracht wurde. Kurz danach sucht er seinen behandelnden Arzt in einem anderen Krankenhaus auf. Dank des EHDS kann sein Arzt das medizinische Bild aus dem anderen Krankenhaus sehen, wodurch eine neue, unnötige Untersuchung vermieden wird.

Quelle: Europ. Kommission, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/QANDA_24_2251

Weiterführende Literatur & Links

Literatur

  • Aigner/Bachinger/Bathke/Bergthaler/Bock/Czypionka/Degelsegger-Marquez/Haslacher/Klimek/Langs/Oberhofer/Ostermann/Prainsack/Strassnig/Thomas/Thurner, Grundlagenpapier zur Schaffung des österreichischen Gesundheitsdatenraumes. Arbeitsgruppe Digitalisierung und Register des Obersten Sanitätsrates. Österreichische Kommentare zu Medizinrecht, Medizin- und Bioethik (IERM Working Paper Nr. 12) (2023), https://ierm.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/i_ierm/Varanstaltungen/WP_12_-_Aigner_et_al._-_Grundlagenpapier_zur_Schaffung_des_oesterreichischen_Gesundheitsdatenraumes.pdf.
  • Becker/Chokoshvili/Dove, Legal bases for effective secondary use of health and genetic data in the EU: time for new legislative solutions to better harmonize data for cross-border sharing? IDPL 2024, 223.
  • Gabauer, Sekundärnutzung von elektronischen Gesundheitsdaten auf Grundlage des Entwurfs einer Verordnung über den Europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS), in FS Jahnel (2025), im Erscheinen.
  • Gassner, Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten für die kommerzielle Medizinprodukteforschung, MPR 2024, 95.
  • Kuss/Moers, Die Europäische und nationale Datenstrategie im Gesundheitswesen am Beispiel des European Health Data Space und des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes: Ein Durchbruch für die Forschung?, in Jahrbuch Digitalisierung (2024) 342.
  • Löffler/Kastelitz, Was ist der Europäische Raum für Gesundheitsdaten (EHDS)? Dako 2023, 79.
  • Quinn/Ellyne/Yao, Will the GDPR Restrain Health Data Access Bodies Under the European Health Data Space (EHDS)? Computer Law & Security Review 2024, 105993.
  • Raji, Datenräume in der Europäischen Datenstrategie am Beispiel des European Health Data Space, ZD 2023, 3.
  • Werry/Ntanas, Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten - Quid deinde? MMR 2024, 641.

Links

Einzelnachweise

  1. General Secretariat of the Council, Proposal for a Regulation on the European Health Data Space. Mandate for negotiations with the European Parliament 16048/1/23 REV1, https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-16048-2023-REV-1/en/pdf.
  2. General Secretariat of the Council, Proposal for a Regulation on the European Health Data Space. Analysis of the final compromise text with a view to agreement 7553/24, https://www.consilium.europa.eu/media/70909/st07553-en24.pdf.
  3. Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 24. April 2024 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2024/... des Europäischen Parlaments und des Rates über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten, https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2024-0331_DE.pdf
  4. Siehe zu diesem Vorgehen den Vermerk Generalsekretariat des Rates, Vorschläge im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens, die voraussichtlich Gegenstand des Berichtigungsverfahrens des Europäischen Parlaments sein werden (Teil I), https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10078-2024-INIT/de/pdf (Stand 18. 6. 2024).
  5. Rat der Europäischen Union, Pressemitteilung vom 21.1.2025, https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2025/01/21/european-health-data-space-council-adopts-new-regulation-improving-cross-border-access-to-eu-health-data/
  6. https://law-tracker.europa.eu/procedure/2022_140
  7. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Eine Europäische Datenstrategie, COM(2020) 66 final.
  8. Derzeit wurden vierzehn Datenräume vorgeschlagen, siehe Council of the European Union, Commission Staff Document on Common European Data Spaces, https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-5855-2024-INIT/en/pdf (Stand 26. 1. 2024).
  9. Vgl Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Ein europäischer Raum für Gesundheitsdaten: Das Potenzial von Gesundheitsdaten für die Allgemeinheit, für Patientinnen und Patienten und für Innovation erschließen, COM(2022) 196 final 10 f.