Digitale Dienste und Märkte

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Rechtsakte

Hintergrund

Die Digitale Dekade 2030 der Europäischen Union (c) Europäische Kommission[1]

In Anbetracht des durch den fortschreitenden technologischen Fortschritt eingeleiteten digitalen Wandels, der Menschen, Unternehmen und die Gesellschaft im Allgemeinen betrifft, veröffentlichte die Europäische Union (EU) am 19. Februar 2020 ein umfassendes Konzeptpapier zu einer europäischen Digitalstrategie.[2][3] Dadurch sollen die digitale Souveränität der Union ausgebaut, eigene Standards gesetzt, Recht vereinheitlicht, Innovation gefördert, klare Zuständigkeiten festgelegt und Grund- und Menschenrechte geschützt werden. Der Schwerpunkt der europäischen Digitalstrategie liegt dabei auf Daten, Technologie und Infrastruktur, wobei sich die EU an folgenden Hauptzielen orientiert:

  • Entwicklung und Einsatz von vertrauenswürdiger Technologie im Dienste des Menschen
  • Förderung einer fairen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft im Binnenmarkt
  • Gebrauch von digitalen Technologien, die einer offenen, demokratischen und nachhaltigen Gesellschaft zuträglich sind.[4]

Einen bedeutenden Teil der digitalen Infrastruktur nehmen Dienste der Informationsgesellschaft und darunter vor allem Online-Plattformen ein, da diese inzwischen täglich genutzt werden und damit aus dem europäischen Raum nicht mehr wegzudenken sind. Im Fokus stehen digitale Dienste, die eine große Kategorie von Online-Diensten umfassen, und von einfachen Websites über Cloud-Dienste und Online-Marktplätze bis hin zu großen social media Plattformen reichen. Der EU-Gesetzgeber erkennt die gesellschaftliche Relevanz dieser Dienste zwar an, möchte jedoch die sich durch den digitalen Wandel und die verstärkte Nutzung solcher Online-Plattformen herauskristallisierenden neuen Risiken und Herausforderungen adressieren.[5] Denn neben Vorteilen, wie einer niederschwelligen Kommunikation oder eines erleichterten grenzüberschreitenden Handels, werden digitale Dienste auch zunehmend missbraucht, um illegale Waren und Dienstleistungen auszutauschen, rechtswidrige Inhalte zu verbreiten oder die marktbeherrschende Stellung von bestimmten Unternehmen zu Lasten von kleineren Unternehmen oder Startups zu festigen.

Paket zum Gesetz über digitale Dienste der Europäischen Kommission -Research Institute CC BY 4.0

Mit dem sogenannten „Paket zum Gesetz über Digitale Dienste der Europäischen Kommission“ (im Folgenden: „Paket über digitale Dienste“) trägt die EU der Tatsache Rechnung, dass der digitale Raum im Hinblick auf diese Risiken reguliert werden muss und nimmt dabei folgende Blickwinkel ein: einerseits die Perspektive der Internetnutzenden, deren Grundrechte im digitalen Raum geschützt werden sollen und deren Zugang zu (rechts-)sicheren Waren, Dienstleistungen und Inhalten gewährleistet werden soll. Andererseits möchte die Union Innovation und Wachstum fördern, weshalb ein Raum geschaffen werden soll, in dem digitale Unternehmen gedeihen können. Hier rücken insbesondere kleinere gewerbliche Nutzer bzw. Startups in den Fokus, die gegenüber den großen marktbeherrschenden Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile erleiden sollen. Zuletzt nimmt die EU die „Big Player“ in die Pflicht, die sich eine derart einflussreiche Position am Markt gesichert haben, dass sie einer einheitlichen Regulierung im gesamten Unionsgebiet unterworfen werden sollen, wodurch für alle Beteiligte Rechtssicherheit geschaffen wird.

Das Paket über digitale Dienste besteht aus zwei Rechtsakten:

  • Das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act oder „DSA“)[6], dessen Ziel es ist, ein sicheres Online-Umfeld für Nutzende digitaler Dienste zu schaffen. Im Zentrum stehen die Gewährleistung von Grundrechten im digitalen Raum, beispielsweise durch Vorschriften im Umgang mit illegalen Online-Inhalten, die Festlegung von einheitlichen Transparenzvorschriften, besondere Regelungen für Werbeschaltungen und die Regulierung der Haftung von Online-Diensten.
  • Das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act oder „DMA“)[7], welches darauf abzielt, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle digitalen Unternehmen zu schaffen, um einen wettbewerbsfähigen und fairen digitalen Sektor zu gewährleisten.[8]

Das Bestreben, ein vertrauenswürdiges und vorhersehbares digitales Umfeld zu schaffen, eint das Paket über digitale Dienste mit der eIDAS-VO, die zur EU Digitalstrategie gehört und darauf gerichtet ist, elektronische Interaktionen durch harmonisierte Regelungen sicherer zu gestalten. Die mit der eIDAS-VO bezweckte Einführung elektronischer Identifikations- und Vertrauensdienste soll außerdem zur Rechtssicherheit beitragen und die Haftung der unterschiedlichen Parteien klarstellen. Die von der eIDAS-VO erfassten Dienste zielen beispielsweise aus Unternehmenssicht darauf ab, die Identität von Kunden vertrauenswürdig zu überprüfen und dadurch den Anforderungen an den „Know-Your-Customer-Grundsatz“ gerecht zu werden. Damit nimmt die eIDAS-VO gewissermaßen den Gegenpart zum DSA ein, der gewissen Diensteanbietern die Verpflichtung auferlegt, Informationen betreffend die Nachverfolgbarkeit von Unternehmen zum Schutz der Kunden einzuholen („Know-your-Business-Customer-Grundsatz“). Dies wiederum soll das Vertrauen der Verbraucher erhöhen, womit sich die Zielsetzung der eIDAS-VO in jene des Pakets über digitale Dienste einfügt.

Die Ökodesign-VO reiht sich als letzter Rechtsakt in dem gegenständlichen Cluster ein und ihr Regelungsbereich betrifft im Wesentlichen Nachhaltigkeitsanforderungen an physische Produkte, womit es sich bei der Ökodesign-VO um einen marktregulatorischen Akt handelt. Als Teil des Aktionsplanes im Rahmen des europäischen Grünen Deals zielt die Verordnung darauf ab, nachhaltige Produkte zur Norm im EU-Binnenmarkt zu machen und sicherzustellen, dass diese länger halten und Energie und Ressourcen effizienter nutzen. Außerdem sollen dadurch die Wettbewerbsbedingungen für nachhaltige Produkte im EU-Binnenmarkt verbessert werden, wodurch der Wettbewerbsaspekt dieses Rechtsakts zum Ausdruck kommt. Der Fokus der Verordnung liegt auf der Einführung eines digitalen Produktpasses, womit Informationen über die Produkte sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen transparent gemacht werden sollen. Der Ökodesign-VO wohnt somit einerseits eine marktregulatorische bzw. wettbewerbsrechtliche Komponente inne als auch Aspekte des Verbraucherschutzes durch die Förderung von transparenten, schnellen und leicht zugänglichen Produktinformationen.[9]

Referenzen

  1. https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/europes-digital-decade
  2. Mehr Informationen zur europäischen Digitalstrategie sind auf folgenden Webseiten zu finden: https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age_de und https://digital-strategy.ec.europa.eu/en.
  3. Vgl. Schreiber/Pommerening/Schoel, Der neue Data Act mit Data Governance Act (2024).
  4. Mehr Informationen sind dem Konzeptpapier der EU-Digitalstrategie zu entnehmen: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020DC0067.
  5. Vgl. Steinrötter (Hrsg), Europäische Plattformregulierung. DSA | DMA | P2B-VO | DGA | DA | AI Act | DSM-RL (2023).
  6. Mehr Informationen über den Hintergrund und die Ziele des DSA finden sich in der Infographik der EU unter folgendem Link: https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/digital-services-act/.
  7. Mehr Informationen über den Hintergrund und die Ziele des DMA finden sich in der Infographik der EU unter folgendem Link: https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/digital-markets-act/.
  8. Mehr Informationen zum Paket über digitale Dienste sind auf folgenden Webseiten zu finden: https://www.consilium.europa.eu/de/policies/digital-services-package/ und https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/digital-services-act-package.
  9. Mehr Informationen zur Ökodesign-VO sind auf folgender Webseite zu finden: https://germany.representation.ec.europa.eu/news/okodesign-verordnung-neue-regeln-fur-nachhaltige-produkte-kraft-2024-07-19_de.